In den letzten Jahren wird Kratom weltweit immer stärker diskutiert und beliebter. Nur wenige wissen jedoch, dass seine stärksten Wirkungen nicht allein auf Mitragynin – dem Hauptalkaloid der Pflanze Mitragyna speciosa – zurückzuführen sind. Eine zentrale Rolle spielt nämlich die Substanz namens 7‑Hydroxymitragynin, also 7‑OH Mitragynin. Schauen wir uns diese näher an.

Woher kommt 7‑OH?
Wichtig zu erwähnen ist, dass 7‑OH in den Blättern des Kratoms nur in sehr geringer Menge vorkommt. In manchen Sorten nahezu gar nicht. Das könnte den Gedanken nähren, dass es sich nicht um einen wichtigen Bestandteil handelt. Doch das Gegenteil ist der Fall.
Nach Einnahme von Kratom wird das Hauptalkaloid, also Mitragynin, in der Leber direkt in 7‑OH Mitragynin umgewandelt. Dieser Prozess wird durch Enzyme, vor allem CYP3A4, ermöglicht, die im Körper auch andere Substanzen metabolisieren.
Das entstehende 7‑OH überwindet dann die Blut‑Hirn‑Schranke und bindet sich im Gehirn an Opioidrezeptoren. Und genau hier beginnt seine Hauptwirkung.
Wirkungen von 7‑Hydroxymitragynin
7‑OH Mitragynin gehört zu den stärksten Alkaloiden, die mit der Pflanze Mitragyna speciosa in Verbindung gebracht werden. Es entsteht natürlich im Körper nach Einnahme von Kratom, aber seine Wirkung ist deutlich stärker als die von Mitragynin allein.
Mögliche Vorteile von 7‑OH
- Schmerzlinderung – sehr starke analgetische Wirkung, manchmal mit Morphin verglichen
- Schneller Wirkungseintritt – die Wirkung setzt schneller ein als bei reinem Mitragynin
- Stimmungsaufhellung – kann angenehme Gefühle, teils bis hin zur Euphorie, hervorrufen
- Psychische Entspannung – beruhigt Anspannung und Stress und kann verspannte Muskeln lösen
- Schlafunterstützung – in höheren Dosen kann es sedierend wirken
Warum ist es so stark?
Im Vergleich zu Mitragynin zeigt 7‑OH eine vielfach höhere Wirksamkeit. Laut Studien:
- ist bis zu 40× stärker als reines Mitragynin
- hat eine höhere Affinität zu µ‑Opioidrezeptoren als Morphin
- wirkt bereits in sehr geringen Konzentrationen
Gleichzeitig aktiviert es hauptsächlich G‑Protein‑Signalwege und aktiviert nicht β‑Arrestin, das mit unerwünschten Opioidwirkungen wie Atemdepression in Verbindung gebracht wird. Deshalb wird angenommen, dass es weniger toxisch als klassische Opioide sein könnte.
Risiken? Sie sind real
Wenn 7‑OH auf natürliche Weise im Körper nach Einnahme von Kratomblättern gebildet wird, ist das Risiko relativ gering. Anders sieht es bei konzentrierten Produkten aus, wie:
- Extrakte mit hohem 7‑OH‑Gehalt
- Kapseln und Pulver mit synthetisch hergestelltem 7‑OH
- Vaporizer und Kaubonbons mit „legal morphine“-Effekt
Diese Produkte können:
- starke Euphorie auslösen
- Abhängigkeit und Toleranzbildung fördern
- Atemdepression und Beruhigung verursachen, ähnlich wie starke Opioide
Vergleich: Mitragynin vs. 7‑OH Mitragynin
Sie wollen wissen, worin sich reines Mitragynin und sein Metabolit 7‑OH unterscheiden? Hier ist eine übersichtliche Gegenüberstellung:
|
Charakteristik |
Mitragynin |
7‑OH Mitragynin |
|
Gehalt in der Pflanze |
1–2 % |
0,01–0,05 % |
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Wirkstärke |
Mittel |
Sehr hoch |
|
Wirkbeginn |
Langsamer |
Schnell |
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Wirkmechanismus |
Aktivierung µ‑ und δ‑Rezeptoren |
Starke Aktivierung der µ‑Rezeptoren |
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Riskio unerwünschter Effekte |
Niedriger bei üblicher Nutzung |
Höher bei Konzentraten oder längerem Gebrauch |
Was sagen Studien?
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Kamble et al. (2020) – Scientific Reports (Nature): Sie bestätigten, dass 7‑OH Mitragynin im Körper aus Mitragynin entsteht und die Hauptsubstanz ist, die für dessen analgetische Wirkung verantwortlich ist, da es effektiv Opioidrezeptoren im Gehirn aktiviert.
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Kruegel & Grundmann (2018) – Neuropharmacology / Drug Policy: Diese Übersichtsarbeit zeigt, dass 7‑OH eine viel stärkere Wirkung als Mitragynin hat, warnt jedoch auch vor niedrigerem Risiko einer Atemdepression dank eines anderen Wirkmechanismus der Opioidrezeptorenaktivierung.
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WHO Review (2021): Die Weltgesundheitsorganisation bewertete 7‑OH als Substanz, die weitere Forschung verdient, aber bisher nicht als so riskant angesehen wird, dass sie international verboten werden sollte.
Sicherheit und rechtlicher Status
Dank der zuletzt genannten Studie kommen wir zur Frage der Legalität. 7‑OH Mitragynin ist derzeit nicht in der Europäischen Union als verbotene Substanz klassifiziert. Obwohl es sich um ein stark wirkendes Alkaloid handelt, ist es nur in Spuren im Kratom vorhanden und wird nicht routinemäßig separat für den kommerziellen Gebrauch hergestellt.
In den USA wurde Kratom wiederholt für ein Verbot geprüft, aber letztlich wurde es nicht verboten. Entscheidend sind verantwortungsbewusster Umgang, Aufklärung und die richtige Dosierung.
Fazit
Wenn du Kratom einnimmst und dabei starke Schmerzlinderung oder Entspannung spürst, dann spielt wahrscheinlich 7‑OH Mitragynin eine große Rolle. Auch wenn es nur in Spuren in der Pflanze vorkommt, sind seine Wirkungen entscheidend. 7‑OH Mitragynin wird somit zu einer Verbindung, die allen fortgeschrittenen Konsumenten von Kratom bekannt sein sollte.